Die eisige Luft erschwert mein Atmen. Bei jedem Ausatmen bildet sich weißer Rauch, der aber, genauso schnell wie er rauskam, auch wieder verblasst. Der Nebel liegt schwer in der Luft und der Raureif glitzert, wie ich es zuletzt vor einem Jahr gesehen habe. Die Angst vor dem ersten Schultag schnürt sich in meiner Brust zusammen, während meine Beine vor Kälte zittern. Unwiderruflich fährt meine Zunge aus meinem Mund, als schwere Schneeflocken beginnen, vom Himmel zu fallen. Meine Hände sind so unendlich rau, sind sie immer zu dieser Jahreszeit. Die Musik in meinen Ohren ist so laut, so laut, dass es mir eigentlich kaum ermöglicht wird zu denken. Ich tue es trotzdem. Ich denke daran, wie glücklich ich eigentlich sein müsste. Wie glücklich, diese ganzen kleinen Dinge sehen zu können. Wie glücklich, so eine tolle Familie zu haben, die mir immer Rückhalt gibt. Wie glücklich, halbwegs nach meinen Wünschen leben zu können und nicht auf der Straße zu sitzen. Wie glücklich, dass ich Freunde habe. Wie glücklich, überhaupt leben zu können.
Und doch bin ich es nicht.


Das macht mich vielleicht zum schlechtesten Menschen auf der ganzen Welt.

i will go on

Ein guter Freund winkt mich zu sich. "Wer ist denn das?" Ich weiß erst gar nicht was er meint, erst, als ich nach weiter hinten schaue stehst dort du und redest mit einem Mädchen. Ich setze mein Grinsen auf. "Ach das ist wahrscheinlich irgendeine Ische, die er gerade geil findet. Ist doch ständig bei ihm so." "Wie lächerlich." "Haha ja, aber ist doch auch egal oder?" Ich versuche gleichgültig zu klingen und ich glaube es gelingt mir auch. Natürlich ist es mir nicht egal. Natürlich tut es mir weh zu sehen, wie gut du ohne mich klarkommst, während ich jeden Tag versuche den Schmerz zu unterdrücken. Natürlich ist es mir nicht egal, wie schnell du mich ersetzt hast. Wenn ich sehen würde, dass du genauso leidest, wäre alles viel leichter. Aber du hast mich schon vergessen und ich kann nichts anderes tun, als mir zu sagen, dass es mir egal ist, auch wenn mein Herz etwas ganz anderes fühlt. Du kannst dir nichts einreden, dass funktionert nicht, sagt ihr immer, aber doch, es geht! Wenn ich mich nur anstrenge, dann fange ich irgendwann zu glauben, dass du mir wirklich egal bist. Die Frage ist nur wann. Gestern bin ich aufgewacht und habe mir gedacht, dass ich das alles schaffen kann. Ich habe mich wieder stark gefühlt. Doch dann hatten wir heute zusammen einen Kurs und als ich dich auch nur eine Sekunde angeguckt habe, schien alles wieder wie aufgerissen. Es ist wie eine Wunde, wisst ihr. Erst steht sie ganz weit offen, dann beginnt sie langsam zu zuheilen und ihr könnt es nicht lassen an dieser Wunde zu kratzen und es beginnt wieder zu bluten. Das wiederholt sich unzählige Male, bis ihr irgendwann kratzt und seht, dass neue Haut nachgekommen ist. Natürlich weiß ich, wie lange dieser Weg dauern wird. Aber mittlerweile habe ich die Hoffnung, dass du mir irgendwann egal bist und ich glaube, dass ist ein ziemlich guter Anfang.